Einhorn. Das Fabeltier in der Kunst
Wie kein anderes Tier hat das Einhorn die Phantasie angeregt. Seit Jahrhunderten ist es in vielen Kulturen belegt. Die Spur des Einhorns zeigt sich in der christlichen und außereuropäischen Kunst, in Naturwissenschaft und Medizin und einer vielfältigen Symbolik. Die Beschäftigung mit der Ikonographie des Einhorns lädt ein zu Reflexionen über Weltwissen, Ambivalenzen und Projektionen. Zum ersten Mal wird dieses Thema im Überblick von der Antike bis zur zeitgenössischen Kunst erforscht und ausgestellt.
Dario di Giovanni, zugeschr.: Jungfrau mit Einhorn (Portrait der Caterina Corner als Allegorie der Keuschheit), um 1467/68, Keresztény Múzeum / Christliches Museum, Esztergom
Das Einhorn stand und steht für Freiheit und Unbezähmbarkeit, für Reinheit und Unschuld, für Natürlichkeit und Zuneigung. Dabei ist die Faszination für das Fabeltier kein neues Phänomen – sie reicht über Jahrhunderte, sogar Jahrtausende zurück und ist in vielen Kulturen verbreitet. Ihren Ursprung hat die Erzählung vom Einhorn in Indien, von wo aus sie sich nach China und – über Persien und Ägypten – nach Europa verbreitete. Hier erhielt das Einhorn viele Bedeutungen: Es galt als Symbol für Christus, weshalb es auf vielen Altarbildern gezeigt wurde, es galt als Zeichen der Keuschheit und wurde oft mit einer jungen Frau gemalt, und seinem Horn wurden medizinische Wunderkräfte nachgesagt, weshalb sich viele Apotheken nach dem Einhorn benannten.
Museo Nacional del Prado, Madrid
Tizian (1488/90–1576), Kopie nach, Orpheus bezaubert die wilden Tiere, 1562–1601, Museo Nacional del Prado, Madrid
Marie Cécile Thijs, courtesy SmithDavidson
Marie Cécile Thijs: Einhorn, um 2015
Im Mittelalter zweifelte niemand an der Existenz des Einhorns, schließlich kam es ja auch in der Bibel vor. Außerdem gab es als sichtbaren Beweis das wundersame Horn des Einhorns, das in manchen großen Kirchen zu sehen war: eine lange weiße,spiralig gedrehte Stange, die oben spitz zuläuft. Erst im 17. Jahrhundert konnten Naturforscher beweisen, dass es sich dabei um einen Zahn des Narwals handelt. Aber auch diese wissenschaftliche Erkenntnis konnte der Anziehungskraft des Einhorns keinen Abbruch tun.
„Das Einhorn ist magisch. Das mythische Wesen ist ein vielschichtiges Zeichen, von dem eine besondere assoziative Energie ausgeht. Es ist in keinem Zoo als lebendes Tier zu sehen, aber zugleich allgegenwärtig – in der Popkultur, als Werbung oder in den Kinderzimmern.“
Photo: Jürgen Karpinski
Hans Reisinger: Springendes Einhorn, vor 1589, Grünes Gewölbe, Dresden
Einhorn. Das Fabeltier in der Kunst präsentiert rund 150 Werke und Objekte, darunter Arbeiten von Arnold Böcklin, Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien, Angela Hampel, Rebecca Horn, René Magritte, Gustave Moreau, Aurélie Nemours, Olaf Nicolai, Joachim Sandrart, Marie Cécile Thijs und Maerten de Vos. Die Bandbreite der Exponate bildet eine Zeitspanne vom zweiten Jahrtausend vor Christus bis in die Gegenwart ab und umfasst neben Gemälden und Grafiken auch Skulpturen, Manuskripte, Tapisserien, Videoarbeiten und Kunstkammerobjekte. Zu den Leihgebern zählen das Ashmolean Museum, Oxford, die Gallerie degli Uffizi, Florenz, das Grüne Gewölbe, Dresden, das Historische Museum Basel, das Metropolitan Museum of Art, New York, das Musée du Louvre, Paris, das Museo Nacional del Prado, Madrid, das Rijksmuseum, Amsterdam, und das Victoria and Albert Museum, London.
„Viele dieser Werke werden nur seltenausgeliehen. Wir freuen uns, dass wir mit unserem Ausstellungskonzept über 80 Leihgeber aus 16 Ländern überzeugen konnten.“
© Museum Rietberg, Zürich/Rainer Wolfsberger
Tibetisch, Einhörnige Gazelle, 18. Jahrhundert, Museum Rietberg, Zürich, Geschenk von Eduard von der Heydt
Die Schau bereitet das faszinierende Thema des Einhorns erstmals in dieser Breite und Tiefe museal auf und erschließt neue kunsthistorische Perspektiven: Sie verdeutlicht, wie das Einhorn in verschiedenen kulturellen, religiösen und wissenschaftlichen Kontexten über Jahrtausende hinweg symbolisch aufgeladen wurde – und beleuchtet bislang kaum beachtete ikonographische Verbindungen und historische Wandlungen.
Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Musée de Cluny und der GrandPalaisRmn, Paris. Im Musée de Cluny ist die Schau als zweite Station vom 13. März bis 12. Juli 2026 zu sehen.
Blick in die Ausstellung
Medienpartner
ARTE
Süddeutsche Zeitung
Tagesspiegel
Potsdamer Neueste Nachrichten
radio3
tip Berlin
Yorck Kino
The Berliner